Das war mein dritter Anlauf, Robert Habeck live zu erleben. Warum ich es so dringend schaffen wollte? Weil ich neugierig war, ob jemand wie er in der Realität genauso nahbar und authentisch wirken kann wie in den Interviews und Büchern, die ich von ihm kenne. Und diesmal hat es geklappt, auch wenn der Tag anstrengend war und die Dunkelheit im Kopf fast wieder gesiegt hätte. Für mich war es nicht nur ein politisches Ereignis – es war ein Moment, der mir Hoffnung gegeben hat.
Ein Tag in Leipzig
Die Veranstaltung fand im Haus Leipzig statt, einem Ort, der für mich wie geschaffen für diesen Abend wirkte – nahbar und trotzdem mit genug Raum für große Ideen. Schon zwei Stunden vor Beginn begann sich eine Schlange zu bilden, die kontinuierlich wuchs. Die Stimmung war eine Mischung aus Erwartung und Neugier, spürbar bei den vielen Gesprächen, die in der Warteschlange geführt wurden.
Ich hatte das Glück, angemeldeter Gast zu sein, was bedeutete, dass ich mir zeitig einen Platz direkt an der Bühne sichern konnte. Dieser Vorteil fühlte sich wie ein kleiner Luxus an, denn es gab mir nicht nur die Möglichkeit, die Redner*innen aus nächster Nähe zu erleben – jede Nuance, jede Mimik, sondern auch eine innere Sicherheit zu haben, die den Kopf beruhigt.
Am Mikrofon: Martin Meißner
Zudem hatte ich das Glück, an diesem Abend endlich mal ein paar Worte mit Martin Meißner wechseln zu können. Es war nur ein kurzer Wortwechsel mit einer Begrüßung, aber für mich war das schon etwas Besonderes. Er wirkte ein wenig gestresst, da er recht spontan die Moderation des Abends übernehmen musste. Trotzdem nahm er sich einen Moment Zeit, lächelte und ich war froh, dass ich den Mut aufgebracht hatte, ihn überhaupt anzusprechen. Wir standen an gleicher Stelle schon nebeneinander und warteten auf den Auftritt von André »Antreh« Herrmann.
Sein Humor war ansteckend. Mit einem Augenzwinkern erwähnte er, dass er der »Auserwählte« für das Mikrofon sei, obwohl er mit seinem Lispeln auffällt, was ihn aber nicht weniger sympathisch macht. Und dann war da noch sein grüner Anzug – eine bewusste Wahl, die mit einem gewissen Augenzwinkern den Abend auflockerte. Diese Mischung aus Selbstironie und Charme verlieh dem Abend eine Leichtigkeit, die so oft bei politischen Veranstaltungen fehlt.
Martin schaffte es, mit seinem Humor und seiner lockeren Art, eine Brücke zwischen den Redner*innen und dem Publikum zu schlagen. Es fühlte sich nicht wie eine steife Moderation an, sondern wie ein Gespräch, bei dem alle im Raum einbezogen wurden. Das machte die gesamte Atmosphäre nahbarer und persönlicher und ich bin froh, dass ich diese Begegnung erleben durfte.
Dr. Paula Piechotta und Stanislav Elinson

Die Veranstaltung begann mit den Leipziger Direktkandidat*innen Dr. Paula Piechotta und Stanislav Elinson. Piechotta war die erste, die sprach und es war beeindruckend, wie klar und direkt sie ihre Botschaften formulierte. Ihre Worte hatten keine unnötigen Schnörkel und es war offensichtlich, dass sie die Herausforderungen der Stadt Leipzig nicht nur verstand, sondern auch ernsthaft anpacken wollte.
Elinson wirkte in seiner Art etwas ruhiger, fast reflektierter, was einen guten Kontrast darstellte. Beide ergänzten sich auf der Bühne und vermittelten ein Gefühl von Zusammenarbeit, das man in der Politik viel zu selten erlebt. Es war nicht der klassische »Einzelkämpfer-Auftritt«, sondern ein authentisches Miteinander.
Für mich als zugezogener Bewohner von Leipzig fühlte sich dieser Abend überraschend heimisch an. Die Stadt, die ich mittlerweile mein Zuhause nenne, war an diesem Tag ein Ort, der Vertrautheit und Verbundenheit vermittelte. Dabei kamen mir auch Erinnerungen aus meiner Kindheit hoch: In meiner Familie, die in Dresden lebt, gab es viele Geschichten über Herausforderungen und Entbehrungen, die ich als Kind nur am Rande mitbekam. Damals habe ich die Dimensionen dieser Probleme nicht verstanden, denn ich selbst wuchs in Westdeutschland auf – gut behütet und ohne »echte Sorgen«.
Dann kam Robert Habeck
Als Robert Habeck schließlich die Bühne betrat, änderte sich die Atmosphäre im Saal spürbar. Er begann seine Rede mit einer Hommage an Leipzig, einer Stadt, die für ihn nicht nur als Schauplatz der friedlichen Revolution 1989 von Bedeutung ist, sondern auch wegen ihrer Energie und Geschichte eine besondere Rolle spielt. Seine Worte über die Kraft der Menschen, die hier Weltgeschichte geschrieben haben, schafften direkt eine emotionale Verbindung zum Publikum.
Habeck sprach über seine Vision einer »Bündnisrepublik Deutschland« und stellte sich als potenziellen »Bündniskanzler« vor. Dabei betonte er die Notwendigkeit, dass verschiedene gesellschaftliche Kräfte zusammenarbeiten – von Kirchen und Gewerkschaften bis hin zu Unternehmen. Diese Idee wirkte durchdacht, aber ohne den Eindruck zu erwecken, er wolle zu viel versprechen. Konkrete Aussagen zu möglichen Koalitionen vermied er, was ich nicht als Ausweichen, sondern als bewusste Offenheit empfand.
Was mich besonders berührt hat, war ein Gedanke, den Habeck in seiner Rede hervorhob: die Gründung der Europäischen Union. Er sprach über die konservativen Kräfte von damals, die in der Nachkriegszeit – geprägt von Zerstörung und Verzweiflung – dennoch die Vision einer friedlichen, vereinten Zukunft wagten. Namen wie Konrad Adenauer und Robert Schuman fielen, Menschen, die verstanden, dass nur ein starkes Bündnis den Frieden sichern konnte.
Doch er stellte auch die Frage: Wo sind diese Visionen heute? Habeck kritisierte, dass die Nachfolger jener konservativen Kräfte, die einst die Grundpfeiler Europas geschaffen haben, diesen Gedanken heute oft vermissen lassen. Statt den demokratischen Gedanken und die europäische Idee weiterzutragen, dominieren vielerorts nationale Interessen und ein Rückzug auf alte Muster. Für mich war das ein zentraler Punkt seiner Rede – eine Mahnung, aber auch ein Appell, sich auf die ursprüngliche Idee der EU zurückzubesinnen: Frieden und Zusammenarbeit über Grenzen hinweg.
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Mehr InformationenPersönliche Reflexion
Für Unentschlossene könnte diese Rede ein Wendepunkt gewesen sein. Sie war für mich eine sehr überzeugende und inspirierende Rede. Seine Haltung und seine Botschaften brachte er mit einer Klarheit rüber, die man heute nur noch selten erlebt.
Was mich besonders beeindruckt hat, war seine Mahnung, dass es legitim ist, seine politische Ausrichtung zu ändern, sich weiterzuentwickeln oder neu zu positionieren – solange man dabei nicht dem Populismus verfällt. Populistische Parolen mögen einfache Antworten liefern, doch sie bieten keine echten Lösungen für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit.
Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Zu einer anderen Zeit in meinem Leben, als ich in der Fußballszene unterwegs war, wäre ich fast selbst politisch falsch abgebogen. Ich bin froh, dass ich damals davon weggekommen bin. Im Nachhinein war es erschreckend einfach, sich von populistischen Denkweisen abholen zu lassen. Es ist bequem, die Schuld bei anderen zu suchen, anstatt sich mit den eigenen Problemen auseinanderzusetzen. Aber am Ende führt diese Haltung nirgendwohin. Veränderungen zu wagen und Verantwortung zu übernehmen, braucht Kraft – eine Kraft, die ich erst später in mir gefunden habe.
Gerade deshalb hat mich Habecks Rede so berührt: Er erinnert daran, wie wichtig es ist, sich nicht von einfachen Antworten verführen zu lassen, sondern mutig die komplexen Herausforderungen anzugehen. Dieser Gedanke hat mich nachhaltig beeindruckt.
Sein neues Buch, »Den Bach rauf«, greift eine Idee auf, die ich nicht passender finden könnte: »Den Mut wiederfinden.« In schweren Zeiten neue Perspektiven zu entwickeln und sich auf Wege einzulassen, die nicht immer einfach sind, aber notwendig. Genau das ist es, was Habeck an diesem Abend vermittelt hat. Seine Rede war nicht nur ein politisches Statement, sondern eine Einladung, den Blick zu heben und nach vorne zu schauen – selbst wenn der Weg bergauf geht.